Secret Wartime Tunnels Dover: Die unterirdische Kommandozentrale des Zweiten Weltkriegs

Tief unter Dover Castle verbirgt sich eines der faszinierendsten Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs: Ein 6,4 Kilometer langes Tunnelsystem, von dem aus die legendäre Operation Dynamo koordiniert wurde. 338.000 Soldaten wurden in nur 9 Tagen von den Stränden Dünkirchens gerettet – geplant in diesen unterirdischen Räumen.

Was heute eine der spektakulärsten Attraktionen Englands ist, war lange Zeit streng geheim. Erst seit 1984 sind Teile der Tunnel für die Öffentlichkeit zugänglich. Eine geführte Tour durch diese historischen Gänge ist wie eine Zeitreise in die dramatischsten Stunden britischer Militärgeschichte.

Die Geschichte der Tunnel

Von Napoleon bis zum Zweiten Weltkrieg

Die Wurzeln des Tunnelsystems reichen bis in die Napoleonischen Kriege zurück. Zwischen 1797 und 1815 wurden sieben große Tunnel in die weißen Kreidefelsen unter Dover Castle gegraben, um Unterkünfte für bis zu 2.000 Soldaten zu schaffen. Diese unterirdischen Kasernen sind bis heute die einzigen ihrer Art in Großbritannien.

Interessante Fakten

  • Die Tunnel liegen bis zu 60 Meter unter der Erde
  • Das gesamte Tunnelsystem ist über 6,4 km lang
  • Der Kreidefels ließ sich relativ leicht ausheben
  • Ursprünglich sollten sie nur gegen eine französische Invasion schützen

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, gewannen diese Tunnel plötzlich wieder strategische Bedeutung. 1939 wurden sie zunächst als Luftschutzbunker genutzt, doch schon bald erkannte man ihr wahres Potenzial: Die perfekte Lage direkt über dem Ärmelkanal, geschützt durch massives Gestein und direkt am Hafen von Dover – ideal für eine militärische Kommandozentrale.

Operation Dynamo: Das Wunder von Dünkirchen

Die dramatische Evakuierung

Im Mai 1940 spielte sich in diesen Tunneln eines der bedeutendsten militärischen Dramen des Zweiten Weltkriegs ab. Die britischen und französischen Truppen waren von der Wehrmacht an die Küste bei Dünkirchen gedrängt worden – eingeschlossen, ohne Ausweg.

Am 26. Mai 1940 startete Vice-Admiral Bertram Ramsay von den Dover Castle Tunnels aus die verzweifelte Mission, die später als "Wunder von Dünkirchen" in die Geschichte einging. Was folgte, war eine der größten militärischen Rettungsaktionen aller Zeiten.

Die Zahlen von Operation Dynamo

  • 400.000 Soldaten warteten am 26. Mai auf Rettung
  • 338.000 Soldaten wurden tatsächlich evakuiert
  • 9 Tage dauerte die gesamte Operation
  • 800+ Schiffe waren im Einsatz (davon 700 Privatboote)
  • Nur 45.000 Soldaten hatte man ursprünglich zu retten erhofft

Die Kommandozentrale tief unter der Erde

In den Tunneln herrschte Tag und Nacht hektische Betriebsamkeit. Hunderte Offiziere, Funker und Telefonistinnen arbeiteten rund um die Uhr. In dem 60 Meter unter der Erde gelegenen Hauptquartier mussten drei Streitkräfte koordiniert werden:

  • Royal Navy: Koordination der Schiffsbewegungen
  • Royal Air Force: Luftunterstützung gegen deutsche Angriffe
  • British Army: Organisation der Evakuierung am Strand

Vice-Admiral Ramsay und sein Stab planten drei verschiedene Routen über den Ärmelkanal, markiert als X, Y und Z. Jeder Schiffskapitän konnte je nach Tageszeit, Geschwindigkeit seines Schiffes und U-Boot-Gefahr frei wählen, welche Route er nahm.

20. Mai 1940

Planung beginnt

Erste Planungen für eine mögliche Evakuierung unter dem Codenamen "Dynamo" (nach dem Raum mit dem Notstromgenerator).

26. Mai 1940

Operation startet

Offizielle Genehmigung der Evakuierung. Erste Schiffe brechen nach Dünkirchen auf.

27.-31. Mai 1940

Höhepunkt der Evakuierung

Unter ständigem deutschen Bombardement werden täglich Zehntausende Soldaten gerettet.

4. Juni 1940

Letztes Schiff läuft aus

Nach 9 Tagen sind 338.000 Soldaten in Sicherheit – weit mehr als erhofft.

Das unterirdische Krankenhaus

Neben der Kommandozentrale beherbergten die Tunnel auch ein vollständig ausgestattetes Krankenhaus mit zwei Operationssälen. Verwundete Soldaten, die direkt von den einlaufenden Schiffen kamen, konnten hier sofort behandelt werden, bevor man sie in weiter entfernte Krankenhäuser verlegte.

Die medizinischen Einrichtungen waren für die damalige Zeit bemerkenswert modern. Ärzte und Krankenschwestern arbeiteten unter schwierigsten Bedingungen – die Luft war feucht und stickig, der Raum beengt, und ständig kamen neue Patienten an.

Medizinische Versorgung

Glücklicherweise waren die Verluste während der Evakuierung geringer als befürchtet. Später im Krieg wurden einige der Krankenhaus-Tunnel in Schlafsäle und Kantinen für das Personal umgewandelt.

Kommunikationszentrale

1941 wurde die Haupttelefonzentrale des Militärs in die Tunnel verlegt. Von hier aus gab es direkte Verbindungen zu:

  • Der Admiralität in London
  • Dem Kriegsministerium (War Office)
  • Dem Luftfahrtministerium
  • Jägerstützpunkten der RAF
  • Flugabwehrbatterien
  • Marinebasen
  • Küstenbatterien
  • Radarstationen

Die manuell betriebene Telefonzentrale war das Nervenzentrum der britischen Verteidigung an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals. Von hier aus wurden alle militärischen Operationen in der Dover-Straße koordiniert.

Der Kalte Krieg

Selbst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieben die Tunnel nicht ungenutzt. Während des Kalten Kriegs wurden sie erweitert und modernisiert, um als regionales Regierungszentrum im Falle eines Atomkriegs zu dienen.

Notfallpläne für die zivile Verteidigung und die Regierungsführung nach einem nuklearen Angriff wurden hier entwickelt. Die Tunnel hätten als Schutzraum und Kommandozentrale für die regionale Verwaltung Südostenglands gedient.

Besucherinformationen

Praktische Informationen für Ihren Besuch

Öffnungszeiten Dover Castle

April - September: 10:00 - 18:00 Uhr täglich
Oktober - März: 10:00 - 16:00 Uhr täglich
Geschlossen: 24.-26. Dezember und 1. Januar

Eintrittspreise

Erwachsene: £24,00
Kinder (5-17 Jahre): £14,40
Familienticket (2 Erw. + bis zu 3 Kinder): £62,40
English Heritage Mitglieder: Kostenlos

Geführte Touren

Die Tour durch die Secret Wartime Tunnels ist im Eintrittspreis enthalten. Dauer: 45-60 Minuten. Touren finden alle 15-20 Minuten statt. In der Hochsaison empfiehlt sich eine frühzeitige Ankunft.

Fotografieren

In den Tunneln selbst ist das Fotografieren nicht gestattet. Dies dient dem Schutz der historischen Einrichtung und dem Erlebnis der anderen Besucher.

Zeitbedarf

Für den gesamten Dover Castle Besuch inkl. Tunnel sollten Sie mindestens 3-4 Stunden einplanen. Für einen umfassenden Besuch sind 5-6 Stunden ideal.

Adresse

Dover Castle
Castle Hill Road
Dover, Kent CT16 1HU
Großbritannien

Parken

Kostenloser Parkplatz vor Ort vorhanden. Der Fußweg vom Hafen zum Castle ist steil und dauert ca. 15-20 Minuten.

Wichtige Hinweise

  • Die Tour beinhaltet steile Rampen und viele Stufen – festes Schuhwerk erforderlich
  • Die Gänge können rutschig sein, besonders bei feuchtem Wetter
  • Die Tunnel sind nicht rollstuhlgerecht
  • Es kann kühl sein – bringen Sie eine Jacke mit
  • Nicht geeignet für Menschen mit Klaustrophobie

Was Sie bei der Tour erwartet

Moderne Multimediatechnik trifft auf Geschichte

Die Tour durch die Secret Wartime Tunnels ist kein gewöhnlicher Museumsbesuch. English Heritage hat seit 2011 modernste Technik eingesetzt, um die dramatischen Ereignisse von 1940 lebendig werden zu lassen:

  • Licht- und Toneffekte: Authentische Geräusche und atmosphärische Beleuchtung
  • Projektionen: Originalaufnahmen an den Tunnelwänden
  • Soundtracks: Originale Funksprüche und Hintergrundgespräche
  • Szenenrekonstruktionen: Nachgestellte Kommandozentralen

Sie stehen in den gleichen Räumen, in denen Admiral Ramsay seine Befehle erteilte. Sie sehen die Büros, die Telefonzentrale, das Krankenhaus – alles originalgetreu erhalten oder rekonstruiert.

Der emotionale Höhepunkt

Der Höhepunkt der Tour ist der große Höhlensaal, in dem die Hauptplanung stattfand. Hier werden auf einer 270°-Projektion die 9 Tage von Operation Dynamo chronologisch dargestellt. Kombininert mit dem Kommentar des Guides und den visuellen Effekten entsteht ein bewegendes Erlebnis.

Am Ende der Tour führt Sie der Weg auf einen versteckten Balkon an der Klippe – den gleichen Balkon, von dem aus Winston Churchill während der Schlacht von Britannien über den Ärmelkanal blickte. Der Ausblick über Dover und das Meer, kombiniert mit dem Wissen um die historischen Ereignisse, ist überwältigend.

Besuchertipp

Besuchen Sie die Tunnel am besten vormittags, wenn weniger Besucherandrang herrscht. Die Tour ist eindrucksvoller, wenn die Gruppe kleiner ist. Im Sommer und an Wochenenden kann es zu Wartezeiten kommen.

Weitere Highlights im Dover Castle

Ein Besuch der Secret Wartime Tunnels lässt sich perfekt mit der Erkundung des gesamten Dover Castle kombinieren:

  • Great Tower: Der normannische Bergfried aus dem 12. Jahrhundert
  • Mittelalterliche Tunnel: Noch ältere Tunnel aus dem Mittelalter
  • Roman Lighthouse (Pharos): Über 2.000 Jahre alter römischer Leuchtturm
  • Princess of Wales's Royal Regiment Museum: Militärgeschichte
  • Saxon Church of St. Mary in Castro: Angelsächsische Kirche aus dem Jahr 1000
  • Artilleriestellungen: Aus verschiedenen Epochen

Für Geschichtsinteressierte

Wer noch tiefer in die Geschichte eintauchen möchte, findet im Dover Castle Visitor Centre eine umfangreiche Ausstellung zur Lokalgeschichte. Auch das Dover Museum in der Stadt selbst bietet Einblicke in die Rolle Dovers während des Krieges.

Der Film "Dunkirk"

Christopher Nolans preisgekrönter Film "Dunkirk" (2017) zeigt die Ereignisse von Operation Dynamo aus verschiedenen Perspektiven. Obwohl nicht in den echten Tunneln gedreht, vermittelt der Film einen guten Eindruck der dramatischen Lage.

Fazit

Die Secret Wartime Tunnels unter Dover Castle sind mehr als nur ein Museum. Sie sind ein Zeugnis menschlicher Entschlossenheit, strategischer Brillanz und unglaublichen Mutes. Ein Besuch hier ist eine bewegende Reise in eine der kritischsten Phasen der modernen Geschichte.

Für jeden, der sich für den Zweiten Weltkrieg, Militärgeschichte oder einfach für außergewöhnliche menschliche Leistungen interessiert, ist diese Underground-Tour ein absolutes Muss. Die Kombination aus authentischen historischen Räumen und moderner Vermittlungstechnik macht den Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Unser Tipp: Kombinieren Sie Ihren Besuch der Tunnel mit einem Spaziergang entlang der White Cliffs of Dover. Der Blick über den Ärmelkanal, den die geretteten Soldaten als erstes sahen, wenn sie Dover erreichten, bekommt nach der Tour eine ganz neue Bedeutung.

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